FROST

FROST von Thomas Bernhard
in einer Spielfassung von Sabine Mitterecker
mit Andreas Patton

Inszenierung Sabine Mitterecker
Klangregie Wolfgang Musil
Kostüm Maria Theresia Bartl
Dramaturgie Uwe Mattheiß
Regieassistenz Christina Russ
Grafik 3007

15. bis 24. November 2009 und 29. Oktober bis 5. November 2010 / MUMOK
in Kooperation mit MUMOK Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien

28. und 29. Oktober 2011 / TIROL PANORAMA Innsbruck
in Kooperation mit den Tiroler Landesmuseen

8. bis 10. Dezember 2011 / Haus der Photografie
in Kooperation mit den DEICHTORHALLEN HAMBURG

14. und 15. Dezember 2012 / KUNSTHALLE KREMS
im Rahmen von Wachau in Echtzeit

FROST IM MUSEUM – ZUR BEARBEITUNG

In seinem 1963 erschienenen Erstlingsroman FROST sind bereits alle zentralen Motive, die Thomas Bernhard bis ins Spätwerk behandelt, im Kern angelegt. Hier beginnt, was er später auch in den Stücken, und dort mit einem anderen formalen Instrumentarium, ausarbeitet.
Formal geht der Prosaautor Bernhard mit FROST neue bislang unbekannte Wege. Die Erzählzeiten wechseln sprunghaft, ebenso die Abfolge von direkter und indirekter Rede, der Text lebt nicht von einer sich kontinuierlich entwickelnden Geschichte oder einer zeitlichen Strukturierung.
Aufgrund dieser erzähltechnischen Besonderheiten und durch die Setzung des scheiternden Künstlers Strauch als Zentralfigur lässt sich FROST auch als Reflexion über die Krise der Kunst in der Moderne lesen, über Veränderungen im Werkbegriff  („ich bin kein Maler“, hat er heute gesagt, „ich bin höchstens ein Anstreicher gewesen“, FR 15), über das geänderte Verhältnis der Kunst zur Natur, sowie die schwierige und immer schwieriger werdende  gesellschaftliche Verortung der Arbeit des Künstlers, der Künstlerin überhaupt. Naheliegend also, die Spielfassung im MUMOK Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien zu zeigen.

Die Vergangenheit gerät oft in den gegenwärtigen Gedankenstrom hinein, so fließen auch Vergangenheit und Gegenwart im Erzählen zusammen. Sprechen über Sprache und Denken über Gedanken sind zentrale Elemente. Einzelne Gedankenfäden ordnen sich nach Mustern zusammen, die in der Sekundärliteratur oft mit musikalischen Phänomenen wie „Motiv“, „Leitmotiv“, „Sequenz“ oder „Fugenstil“ verglichen werden.
Dementsprechend präpariert die Bearbeitung die einzelnen Gedankenstränge, Stimmen und Gegenstimmen des Romans heraus und setzt sie zu einer Partitur für einen Schauspieler zusammen.
So fügt sich das Sprechen als temporäre Installation in die räumliche Situation des Museums ein. Das Museum ist nicht Bühne, die Werke der bildenden Kunst sind nicht Dekoration. Der Roman präsentiert sich in der Spielfassung als Sprach-, und Gedankenexponat unter Exponaten im Museum.

Faszinierend, den Schauspieler vom Entrée in die Gänge und ins Innere des Museums hörend und/oder gehend zu folgen, wo doch Gehen ein Leitmotiv des Romans ist, und so dem Publikum die Wahl der eigenen Perspektive auf das Geschehen zu belassen.
Ermöglicht wird dies durch die sensible Tonregie Wolfgang Musils, der Andreas Patton bis in die entlegendsten Winkel des Museums hörbar macht und ihn mit seinen Klanginstallationen unterstützt und kontrapunktiert.
SM

„Das Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen ist die Bühne für ein dreitägiges Gastspiel vom Theater.Punkt aus Wien zum 80. Geburtstag des großen österreichischen Autors Thomas Bernhard…Sabine Mitterecker hat ihre hervorragende Inszenierung gezielt in eine Kunstinstitution verlegt, wobei die kathedral-industrielle Weite des Hauses der Photographie samt Ausstellung „Eyes on Paris“ einen kongenialen Kontrapunkt zur herauf beschworenen Enge des literarischen Schauplatzes und der Verlorenheit und Einsamkeit des Malers setzt, die uns Patton in seiner Rolle als vielfältig gespaltener Beobachter eindringlich nahe bringt. Letzterer entfaltet in der luftigen Halle eine mitreißend intime Kammer-Performance, bisweilen konspirativ flüsternd, zwischen Selbstreflexivität und -vergewisserung changierend, dann wieder in zunehmender Identifikation mit dem Gegenstand seiner Observation verzweifelt aus sich herausbrechend. Das Publikum geht buchstäblich mit dem Darsteller mit, befindet sich mit ihm auf Augenhöhe, knapp anderthalb Stunden lang: eine existenzielle Tour de Force, die nicht in Erlösung mündet, sondern in Abkehr…Ein außergewöhnlicher Theaterabend mit wunderbarem Akteur Andreas Patton, der gnadenlos ans Eingemachte geht.“
Belinda Grace Gardner/ Die Welt

 

„Zu sehen, wie ein Konzept aufgeht, ist ein Genuss…Sabine Mitterecker hat Passagen des Romans, den Stimmenwechsel zwischen medizinischem Beobachter und Patient Künstler, in eine feingliedrige Fassung gebracht. Andreas Patton weiß mit seiner Darbietung, begleitet von Wolfgang Musils spannenden Toninstallationen, wahrlich zu fesseln. Subtil tritt er in Interaktion mit dem Publikum. Dann verschwindet er im Text, auf der Rolltreppe, im Rundgang bei den „Tiroler Helden“. Wer will, kann dem Schauspieler folgen, wer nicht, wartet, bis seine Schuhspitzen (man denkt an Bernhard und seine Liebe zu Schuhen) unten beim Eingang zum Rundgemäldes auftauchen. Auf alle Fälle ein – auch was die österreichische Eigenwahrnehmung betrifft – anspielungsreicher Abend.“
Sabine Strobl / Tiroler Tageszeitung

„Den 334 Seiten starken Roman bühnentauglich gemacht zu haben, ist das Verdienst von Regisseurin Sabine Mitterecker. Im langen, cremefarbenen Wollmantel eines Tschechow’schen Landarztes berichtet Andreas Patton an den und rund um die gläsernen Liftbetonschluchten vom Existenzverlust in der Provinz…Er versetzt den Text in unheimliche Schwingungen, bis zum Ton der Entrüstung, der ihm dann oben im dritten Stock, schon tief hineingebohrt in die Maler-Existenz und hinaufgeschraubt in das Mumok-Gebäude, entfährt. Stets begleitet von einer fein nuancierten Tongebung Wolfgang Musils: Das Microport lässt die Stimme Pattons auch bei dessen Abwesenheit hören. Damit öffnet Mitterecker eine theatralische Erfahrbar- und Lebendigkeit, die man den riskanten Parametern einer solchen Veranstaltung im Durchgangszimmer erst einmal abtrotzen muss.“
Margarete Affenzeller / DER STANDARD

“Dieser reizvolle Lesestoff ist kein leichter Einstieg für einen Schauspieler…Andreas Patton meistert diese und alle folgenden Hürden, man kann´s nicht anders sagen, souverän…Er durchwandert Räume und Gänge, um einem klaren, nie konstruiert wirkenden Konzept zu folgen…Sabine Mitterecker hat mit dieser feinen Inszenierung und Bearbeitung aus einem frühen Bernhard-Roman einen zwingenden Theaterabend gemacht…“
Caro Wiesauer / Kurier

„Die Ausschnitte sind von Mitterecker gut gewählt, das Kafkaeske am frühen Bernhard wird forciert. Patton weiß von Anfang an zu fesseln…Die Darbietung ist stringent. Das Hässliche erhält hier eine ästhetisch überzeugende Form. Es stößt nicht ab, sondern fasziniert.“
Norbert Mayer / Die Presse


“All dies wird in einem eineinhalbstündigen Kraftakt allein und phantastisch von Andreas Patton gespielt…Patton gelingt es, bis in die Intonation hinein die Vereinnahmung des Famulanten durch Strauch darzustellen…“
Klaus Huhold / Wiener Zeitung

„Groß in der Titelrolle Andreas Patton…Eine sehenswerte Produktion…“
Florian Krenstetter / Kronenzeitung

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